In der 40-jährigen Geschichte der DDR konnte es die SED nicht ein einziges Mal zulassen, die Bevölkerung frei wählen zu lassen. Die offizielle Zustimmung zu herrschenden Partei von über 98 Prozent und einer genauso hohen Wahlbeteiligung hatte mit der realen Stimmung unter den DDR-Bürger_innen nichts zu tun. Die „Pseudowahlen“, trefflich bezeichnet als „Zettelfalten“, bei denen es nicht um politische Alternativen ging, bei denen das Fernbleiben mit Einbüßen im Alltag einherging und deren Ergebnisse gefälscht wurden, waren lediglich eins der vielen politischen Zustimmungs- und Unterwerfungsrituale in der SED-Diktatur. Die Stasi half bei dieser Selbstlegitimierung der herrschenden Partei mit, den Verlauf von Wahlen zu kontrollieren, zu manipulieren und kritische Stimmen zu unterdrücken. So auch bei der Kommunalwahl 1989 u. a. in Cottbus. Am 6. Mai 1989 ist es aber vielen mutigen Wahlbeobachter_innen gelungen, die Fälschung der Wahlergebnisse nachzuweisen und somit den Wechsel von der Gesellschaftskrise in der DDR zur Diktaturkrise einzuleiten. (frei nach www.demokratie-statt-diktatur.de)
Im Projekt „Wahl(un)recht“ haben wir für zwei Durchläufe jeweils zwei 10. Klassen (mit max. 56 Schüler_innen) eingeladen, sich vor dem historischen Hintergrund der Entstehung und Wirkung der Opposition in der DDR und der Aufdeckung von Wahlfälschung 1989 mit der Bedeutung vom Wahlrecht, der Meinungs- und Versammlungsfreiheit damals wie heute auseinanderzusetzen. Die ProjektteilnehmerInnen sind den Erfahrungen der Menschen mit dem Unrecht im SED-Staat und ihrer Reaktion darauf mittels Zeitzeugenbefragung und Dokumenten nachgegangen und analysierten aktuelle wie frühere Möglichkeiten und Geltung von verschiedenen Partizipationsformen. Gefunden wurde dabei der Gegenwartsbezug der zeitgeschichtlichen Ereignisse, die Lebensweltorientierung auf die Teilnehmer_innen sowie der lokaler Bezug des Projektes entlang der Begriffe: Diktatur vs. Demokratie, Bürgerbeteiligung, Menschenrechte, Entscheidung treffen und Verantwortung tragen, Unterdrückung und Zivilcourage.
Neben den Methoden der politisch-historischen Bildung haben die Schüler_innen mittels künstlerischer Formen ihren Gedanken, Fragen und Erkenntnissen freien Lauf gelassen. In verschiedenen Workshops erarbeiteten sie kreative Präsentationen zum Thema und stellten diese der Öffentlichkeit im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung zum 30-jährigen Bestehen der Umweltgruppe Cottbus (UGC, 1087) am 13.10.2017 vor.